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Diaspora* wurde kaum für „tot“ erklärt und schon steht das nächste Projekt in den Startlöchern! Tent.io soll ein protocol for distributed social networking and personal data storage werden. Alles neu, alles anders, alles besser als OStatus, DiSo oder Diaspora*. Aber mal ganz ehrlich… was haben die Diasporas & Co. bisher geschaffen? Ziel war es Facebooks „Walled Gardens“ aufzubrechen und was kam wirklich dabei rum? Eine ganze Reihe an dezentralen „Walled Gardens“. Na danke!

Seit Chris Messinas DiSO-Projekt schwärme ich ein wenig für das Thema „Dezentrale Netze“ und wie man die Idee am besten technisch umsetzen könnte. Trotz der „Schwärmerei“ ist mir aber durchaus bewusst dass das Thema noch nicht wirklich populär ist und kein wirkliches User-Bedürfnis deckt. Das hängt aber unter anderem damit zusammen, dass bisherige Bemühungen (und Diaspora ist ein Vorzeigebeispiel hierfür) rein technischer Natur sind! Aber:

  • „Open“ und „Dezentral“ sind keine Argumente um sich bei einer neuen Plattform anzumelden (zumindest nicht für die breite Masse).
  • Es ist idiotisch wenn jede Community ihr eigenes „Dezentralisierungsprotokoll“ entwickelt… das führt nämlich dazu, dass Diaspora und StatusNET zwar beide dezentral sind, aber nur die eigenen Netzwerke unterstützen.
  • Jedes neue Protokoll (mal abgesehen von OStatus) erfindet das Rad neu anstatt auf bisherigen Formaten aufzubauen. Warum muss alles JSON sein? RSS und Atom kann jedes Blog und mit ein bisschen „Zauberei“ reicht das vielleicht schon aus.
  • „Open Source“ und die Möglichkeiten das Projekt selber zu hosten überzeugt nur Geeks!

Wenn die großen Netzwerke wie Facebook, Twitter und Google+ sich nicht auf ein einheitliches Protokoll einigen, wird es wohl nichts mit der „dezentralen“ Idee! Ich möchte mich in Zukunft für eine Community entscheiden die meinen Interessen und Wertvorstellungen entspricht und nicht von der Mehrheit meiner Freunde abhängig sein. Wenn alle meine Freunde aber bei Facebook sind, bleib ich auch auf einem offenen und dezentralen Diaspora alleine!

Wir brauchen eine Art XMPP oder POP3/SMTP für soziale Interaktionen, unabhängig von einer spezifischen Plattform und trotzdem von allen unterstützt! Und dann haben auch kleine und unabhängige Projekte wie Diaspora und StatusNET wieder eine echte Chance! Die Zeit die bisher in Spezifikationen aller Art fließt sollte dazu genutzt werden, zuerst einmal Facebook und Google von dem Problem zu überzeugen und sie mit ins Boot zu holen.

…das ist übrigens das Thema meiner Kolumne im nächsten Screengui-Magazin. Also kaufen!

9 Kommentare zu “Dezentrale „Walled Gardens“

  1. Zuallererst muss ich mich entschuldigen, dass ich nach meiner Ankündigung so lange gebraucht habe für meinen angekündigten Kommentar. Ich wollte nicht so schnell schnell was dahin hudeln und dann rutschte es immer weiter nach hinten, auf der Suche nach einem gemütlichen schwarzen Loch mit Ruhe und Muße zum Kommentieren. Und, kaum drei Woche sind vergangen, bin ich auch schon fertig.

    Walled Gardens. Dezentralität(en). Etwa vor drei, vier Jahren hatte ich mein Ur-Erlebnis, was Netzwerke (SN’s) angeht. Vorher habe ich es wohl ähnlich gemacht wie viele Leute. Ein neues SN tritt an, man schaut sich um nach einer Einladung, tritt bei und befreundet sich mit den Leuten, mit denen man auch anderswo befreundet ist. Lange Jahre hat das funkioniert. Seit einiger Zeit funktioniert es nach meinem Eindruck so nicht mehr. Und das hat zumindest zwei Gründe: 1) Die Gemeinde, die sich heute so dagegen wehrt, eine einzige Gemeinde zu sein, war das anfangs zwar schon nicht, aber damals freute man sich über Gleichgesinnte Leute und übersah oft Trennendes. Vielleicht haben die ganz weisen auch einfach das Andere gesehen, sich aber auch über das Gemeinsame gefreut. 2) Das Überlegen, was man ist und wohin man will führten dazu, dass aus einer einzigen Wolke viele kleine Wölkchen geworden sind. Heute hat man sich, wenn ich es überspitze, so sehr auseinanderdividiert, dass man kaum mehr zwei Leute findet, um eine Basiswolke (= mindestens zwei Leute) zu bilden. Bei allen Überlegungen spielt aber bis heute die Sinnhaltigkeit des gerade Inn-Seienden Netzwerkes keine Rolle. Eine Rolle spielt zuallererst die Coolness und dann, ob ich da meine Leute treffe. Viele Leute begreifen noch nicht, dass es Twittern wie 2007 nie mehr geben wird, weil die Leute selbst sich und ihre Einstellung zum Sich-Mitteilen verändert haben. Und die Betreiber der SN’s stehen heute unter einem deutlich höheren Druck, Geld zu verdienen und ihren (monetären) Zielen näher zu kommen. Gedanken zum Thema Privatsphäre beunruhigen Geldgeber eher als dass sie sie beruhigen. Auch die Freunde/Follower selbst entdeckten, dass ihre Freunde/Follower ja nicht nur Freunde/Follower sein können, sondern auch ein Klientel sein könn(t)en. Spätestens wenn dann diejenigen, die ihre Follower/Freunde über die Jahre mehr zu einer Art von geistigem Fuhrpark gemacht haben auf die loslässt, für die Twitter & Co. immer noch ’nur‘ eine Möglichkeit ist, den Kontakt zu Leuten zu halten, die nicht am anderen Ende des gleichen Dorfes wohnen, ist Stunk vorprogrammiert.

    Huch, und wieder ist das sinnhaltige Nachdenken über Denzentralität und das Vorhaben, einen Kontrapunkt gegen Facebook & Co. zu setzen, ganz hinten auf der Prioritätenliste. Wenn es nicht sogar vollkommen aus dem Blickfeld geraten ist.

    Nun zu dem Schritt, der für uns alle so einfach wäre. Suchen wir uns unsere benutzten Netzwerke eben nicht nach Coolness aus, sondern nach Sinnhaltigkeit. Diese Sinnhaltigkeit schließt wahlweise auch sofort Geschäftemachereien aus oder ein, je nachdem, wie man das haben will. Ein praktische Beispiel? Irgendwann erinnerte ich mich an Diaspora und daran, dass dort alles viel besser sei. Ich loggte mich ein, klickt ein wenig herum und war schon fast überzeugt von der schon seinerzeit geradezu allgmeingültigen Meinung, dass Diaspora wirklich so tot sei, wie viele sagten. Einer oder zwei Leute bestimmten meine Timeline. Ein Klick auf deren Profil brachte die Lösung. Diese zwei Leute hatten einen regen Austausch, mit vielen. Keine Spur von tot. Ich klickte mich in deren Freundeslisten und kannte beinahe keinen einzigen der Leute. Aber, ich stellte fest, dass die über Themen sprachen, die mich auch interessierten. Ich abbonnierte ein paar der Leute und kam in den Stunden und Tagen danach ins Gespräch mit ihnen. Schon nach einer Woche hatte ich eine neue Gemeinde, für bestimmte Themen. Bis heute lebt Diaspora. Nach einigen Monaten besah ich meine Freundesliste. Viele neue Gesichter und ein Teil Karteileichen. Noch am selben Tag bereinigte ich meine Liste. Unter den Leichen waren gefühlte 90 Prozent Leute aus meiner Ur-Community. Diese waren längst weitergezogen und lästern bis heute laut über die Wüste Diaspora. Und oft auch darüber, dass Facebook ja so doof ist. Eine ganze Weile habe ich die gefragt, wieso sie denn noch dort sind, wenn es doch so blöd ist? Da sieht man Achseln-Zucken, ein Gesicht mit dem Ausdruck ‚ertappt‘ und dann geht es weiter.

    Und das Ende vom Lied? Eine der Auswirkungen dieses wenig erwachsenen Handelns in Sachen SN’s ist, dass die Anbieter sich keine Mühe machen müssen in Sachen entsprechender ‚richtiger‘ Standards. Jedes zweite SN hat seinen ‚Hausstandard‘. Man kann dann nach Außen hin antreten und sich zu den Guten zählen, aber unter dem Strich bleiben z.B. die Ziele von OpenID etc. auf der Strecke, leider. Der Schlüssel zum Erfolg ist aber der mündige Nutzer. Technik kann Lösungen anbieten und tut dies ja auch schon. Wir müssen immer wieder sagen, dass wir diese Lösungen auch wollen. Sonst entsteht da kein Druck auf die Macher hinter den Webseiten der SN’s.

    • Erstmal vielen Dank dass du dir die Mühe gemacht hast, so ausführlich zu antworten!

      Ich muss dir auch in fast allen Punkten zustimmen! Irgendwie hat es vor ein paar Jahren dazu gehört immer die neusten Netzwerke auszuprobieren und immer wieder den gleichen Leuten zu folgen, nur um dann nach ein paar Wochen wieder weiter zu ziehen und das gerade erstellte Profil verwaisen zu lassen. In den letzten Jahren hab ich auch gelernt, dass es wesentlich Sinnvoller ist, seine Kontakte (von Freunden zu sprechen wäre falsch, da ich die meisten noch nie gesehen habe) pro Netzwerk neu zu suchen und ich mache ähnliche Erfahrungen wie die, die du mit Diaspora hattest. Je bewusster man sich die Personen auf den Netzwerken aussucht umso interessanter werden die Netzwerke. Ich habe auf Twitter mittlerweile einen ganz anderen Kontakt-Kreis wie auf Google+ und ich schätze beide Netzwerke sehr! …und je mehr ich meinen Twitter-Stream von den „man musste ihnen einfach folgen weil das alle gemacht haben“ befreie, desto übersichtlicher und interessanter wird er.

      Zu Diaspora: Es tut mir leid, dass ich den Ausdruck „Diaspora sei tot“ verwendet habe, da ich solche Aussagen eigentlich auch nicht leiden kann! Jedes mal wenn ich irgendwo „RSS oder Atom ist tot“ lese, …! Ein Netzwerk ist erst dann tot, wenn es geschlossen wird! Man darf einfach nicht immer den Facebook-Maßstab ansetzen. Auch Netzwerke mit wenig Nutzern können sehr aktiv und interessant sein. Es ärgert mich nur, dass Diaspora eben mit dieser „wir müssen Facebook zu Grunde richten“ Einstellung angetreten ist. Das Zweite was mich an der Diaspora-Idee nervt, ist das erstellen einer Plattform, nur um sein „Dezentrales Protokoll“ zu rechtfertigen! Wenn es nur um das Protokoll geht, sollte man seine Energie eher dahingehend nutzen, kleine Netzwerke zu verbinden, als ein neues „künstliches“ zu schaffen. Twitters Idee war „Kurznachrichten“, flickrs sind „Bilder“, Google+ baut auf „längere Artikel“ und „shares“… und Diaspora? Diaspora hatte zum Ziel, offen und dezentral zu sein… Das sind keine Features! Du meintest in deinem Kommentar „Der Schlüssel zum Erfolg ist aber der mündige Nutzer“ und genau da stimme ich dir zu! Man sollte Netzwerke für Nutzer bauen und nicht um Technologie zu rechtfertigen!

      Wenn ich versuchen müsste, deinen Kommentar zusammen zu fassen, dann käme folgendes dabei raus: Es ist egal wie groß Communities sind, solange du den richtigen Leuten „folgst“ kann jede interessant sein! Leider sind wir etwas geekig und probieren viel neues aus… Der Otto-Normal-Server sucht sich die Community meistens aber nach seinem Freundeskreis aus und wird letztendlich (leider) bei Facebook landen. Deshalb wünsche ich mir eben ein dezentral funktionierendes Netzwerk. Ich will mein Profil bei Google haben und möchte trotzdem die Inhalte auf Facebook, Twitter, StatusNET und vielleicht sogar Diaspora nicht missen. Ich habe mich deshalb bei allen Netzwerken angemeldet, es ist aber sehr mühsam allen Diskussionen zu folgen und wenn ich Personen in meinem Bekanntenkreis ein neues Netzwerk empfehle bekomme ich oft zu hören „wieso denn nochmal irgendwo anmelden… ich bin doch schon bei Facebook“.

      Du meintest: Technik kann Lösungen anbieten und tut dies ja auch schon. Wir müssen immer wieder sagen, dass wir diese Lösungen auch wollen. Sonst entsteht da kein Druck auf die Macher hinter den Webseiten der SN’s.
      Auch damit hast du prinzipiell recht! Leider weiß, außer uns Geeks, niemand dass so etwas möglich und wie großartig es ist… Ich glaube es braucht zumindest einen Anwendungsfall der auch bei den restlichen 90% der Internet-Befölkerung einen Aha-Effekt auslöst: „Was? Das ist möglich? Ich kann mit meinem Google+ Profil auch Leuten auf Twitter folgen? Warum kann das Facebook nicht?“ Das würde eine Menge vereinfachen…

  2. Diaspora. Als die Gründer seinerzeit vor einigen Monaten das Projekt freigegeben hatten, war die Reaktion auch innerhalb der sehr aktiven Nutzer eine heftige. Erst allmählich wich der erste Schock und die ersten Beiträge brachten positive Aspekte hinein in die ganze Sache. Die Leute entdeckten, dass dies eben auch eine Chance sein kann, nocheinmal komplett neu zu starten mit Diaspora. Klaro, man startet nicht bei Null und man startet mit einem viel kleinen Budget und es ist generell ungewiss, ob es der (Betreiber)Community gelingen wird, das Projekt neu zu beleben. Ein Neuanfang bietet aber die Chance, auch die grundsätzliche Ausrichtung neu zu definieren. Persönlich bin ich der Meinung, dass man für ein SN oder einen Service eine positive Utopie braucht. Es reicht nicht, irgendwo dagegen zu sein (siehe Dein: ‚Wir müssen Facebook zu Grunde richten ..‘). Man sollte vielmehr eine Idee haben, die man verwirklichen will. Beim neuen Diaspora scheint die Community im Vordergrund zu stehen und auch wiederum die Dezentralität. Allerdings bin ich nicht sicher, ob das Bewusstsein schon weit genug ist, um die Art von Dezentralität zu verwirklichen, von der Du schreibst.

    Die dezentrale, digitale Id. Ich möchte mich ausdrücklich bedanken für Deinen Antwort-Kommentar. Darin erinnerst Du mich daran, was eigentlich die ursprügnliche Idee war von OpenID & Co.. Auch heute noch oder sollte ich sagen, gerade heute ist die Idee, dass man eine digitale ID hat, mit der man sich losgelöst von einzelnen SN’s anmelden kann, und die man bestenfalls selber hostet bzw. bei der man sich aussuchen kann, bei welcher vertrauensvollen Stelle man seine Nutzerdaten hinterlegt, ist frappand einfach und gleichzeitig genial. Aus meiner Sicht, also aus Nutzersicht, gibt es nichts Besseres. Natürlich muss man sich klarmachen, dass Facebook & Co. aus ihrer Sicht betrachtet, kein Interesse daran haben, den Nutzer in die Lage zu versetzen, mündig zu werden und so auch zu handeln. Bleiben dann folgerichtig die Daten nämlich das Eigentum des Nutzers, so entzieht man Facebook, Google(+) & Co. quasi ihre (derzeitige) Geschäftsgrundlage. Zudem glaube ich, dass eine solche ID und die dahinterstehende Technologie unterstützt werden muss von gesellschaftlichen Veränderungen. Namentlich braucht es ein Verbraucherrecht, dass den Nutzer überhaupt in die Lage versetzt, seine Rechte an seinen Daten und seiner ID durchzusetzen. Das ist vielleicht heute noch einer der Hauptgründe, warum eine solche Technologie keine gesellschaftliche Rolle spielt. Weder die Politik noch die Mehrheit der Wähler halten diese Dinge für wichtig. Gleichzeitig gehört es zur täglich gelebten Schizophrenie, dass sich die Leute darüber aufregen (und das sind ja vor allem die Offliner), wenn man Schindluder mit ihren persönlichen Daten treibt (Stichwort: Meine kommunale Meldestelle verkauft ganz legal meine Adressdaten etc.).

    ‚Deshalb wünsche ich mir eben ein dezentral funktionierendes Netzwerk. Ich will mein Profil bei Google haben und möchte trotzdem die Inhalte auf Facebook, Twitter, StatusNET und vielleicht sogar Diaspora nicht missen.‘ Dir schwebt etwas vor, dass es auf einem anderen Inhaltsfeld so ähnlich schon gibt. Ich denke da an Kommentarverwaltungen wie Disqus o.ä.. Dort lege ich ja einen Account an, schreibe meine Kommentare hier und dort und muss ihnen aber nicht quasi zu Fuß nachjagen, sondern kann dies von einer zentralen Stelle aus managen/verwalten. Ich bekomme mit, wenn mir jemand antwortet, egal wo das ist. Natürlich ist disqus kein Protokoll und es fehlen ihm auch noch andere wichtige Anteile, die ich mir wünschen würde. Unabhängigkeit und Denzentralität sind da ja auch nur teilweise gegeben, zum Beispiel. Disqus ist dezentral, aber es ist eben kein Standard und ich kann auch meine dort geblidete ID nicht mitnehmen zu einem anderen Anbieter, wenn mir nicht mehr gefällt, was die machen. Ganz abseits von dem, was disqus von einem Protokoll unterscheidet, gibt es aber noch eine Ähnlichkeit: die disqus-Idee hat sich, leider, bisher nicht durchgesetzt.

    Der Anwendungsfall. Im letzten Absatz Deiner Kommentarantwort antwortest Du auf mein ‚Technik kann Lösungen anbieten‘. Du bemerkst zurecht, dass quasi diese komplette Thematik noch nicht angekommen ist beim Publikum. Ich gehe noch ein wenig weiter: Ich behaupte, es ist noch nicht einmal bei der kleinen Gemeinde der Geeks komplett angekommen. Ich beobachte bei etlichen Themenfeldern und so auch bei diesem, dass Geeks zwar im technischen Gedankengut weit voraus sind manchmal, allerdings hinken sie dafür sehr häufig zurück bei gesellschaftlichem Denken und für eine so große Sache wir eine digitale ID, bzw. ein Profil, brauchen wir Entscheidungskompetenz. Weder der Ottonormalverbraucher hat diese (weil ihm der Geek-Blick fehlt und das Wissen), noch der Geek hat sie komplett (weil ihm oft das Wissen und das Interesse zum Thema ‚Wie wollen wir zusammen leben‘ fehlt.) Beide Gruppen haben noch einen gehörig langen Weg vor sich. Und vielleicht ist das auch das Fazit aus dem Artikel bzw. zu dem Thema. Entwicklungen, wie wir sie hier diskutieren, müssen reifen. Man darf das nicht verwechseln mit dem entwicklen eines Produktes. So simpel ist das alles nicht und deshalb, glaube ich, geht es auch nicht so schnell (auch wenn ein schnellerer Fortschritt absolut wünschenswert wäre). Es braucht das Bewusstsein, dass es sehr sinnhaltig ist, eine solche digitale ID zu haben. Die Menschen müssen begreifen lernen, mit wievielen Dingen das zu tun hat. Und mit ‚die Menschen‘ meine ich die Nutzer genauso wie diejenigen, die einen politischen (und gesetzlichen Rahmen) schaffen müssten, damit man seine Rechte überhaupt wahrnehmen kann. Versteh mich nicht falsch: ich bin kein Freund von ‚der Staat muss das regeln‘. Aber ich glaube schon, dass wir nicht so weitermachen können, wie es bisher läuft, wo man den großen Firmen hoffnungslos ausgeliefert ist, wenn es darum geht, die Rechte an seinen Daten zu schützen. Die ganze Szene muss sich entwickeln. Die Firmen müssen weg aus dem Zeitalter des digitalen Feudalismus und die Nutzer müssen begreifen, dass es gute Lösungen ohne aktive Beteiligung der Leute selber nicht geben kann. In dem Moment, wo wir jemanden etwas tun lassen und Verantwortung aus der Hand geben, weil es bequem ist, entsteht eine große Versuchung für diejenigen, die es für uns bequem machen sollen. Gefragt ist die richtige Balance zwischen Beqeumlichkeit und arbeitmachender Eigenverantwortung, die mich dafür aber frei macht und entscheidungsfähig.

    • Hallo Markus, das fängt an mir immer mehr Spaß zu machen 🙂

      Disqus ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass alle bisherigen Bemühungen in Sachen digitaler ID oder Dezentralität versagt haben! Du hast vollkommen recht, Disqus ist ein tolles Tool, welches genau das schafft woran OStatus, Diaspora, Tent.io usw. scheitern: Kommentare und Diskussionen über verschiedene Netzwerke hinweg zu aggregieren. Ein noch besseres Beispiel ist JanRain. JanRain Engage ist eine wunderbare Möglichkeit die verschiedensten Login-Mechanismen (Google, Yahoo, Facebook, …) über eine einheitliche und einfache API anzusprechen. Es gibt kaum etwas ironischeres: Es braucht eine proprietäre API um OpenID-Provider einheitlich anzusprechen! Es braucht eine proprietätre API um einen Standard zu vereinheitlichen! Ich danke dir für den tollen Vergleich und hoffe dass sich in Zukunft mehr OpenWebler an Disqus & Co. orientieren!

      Über die digitale ID habe ich mir auch schon etliche Gedanken gemacht und kam bisher auch eher zu dem Schluss, sie sollte losgelöst von Social Networks sein. Social Networks unterlagen bisher immer verschiedenen menschlichen Entwicklungsstufen: Zuerst ist mein beim SWR Kindernetz, dann bei SchülerVZ, dann bei Facebook und später kommen noch XING oder LinkedIN dazu. Ist die ID an das soziale Profil gekoppelt müsste man sie immer wieder erneuern oder umziehen und mit ihr natürlich auch alle anderen Seiten anpassen, bei denen man sich mit dieser digitalen ID angemeldet hat. Du hast vollkommen recht wenn du sagst, dass es notwendig ist, das Bewusstsein für die technischen Möglichkeiten zu schaffen! Bisher arbeiten fast ausschließlich Entwickler an diesen Themen… Es braucht aber auch Menschen die sich Gedanken zu Abläufen machen, die UIs gestalten oder das Thema an die breite Masse bringen. Und mir breiter Masse meine ich nicht Barcamps sondern vielleicht Schulen oder Unis.

      Damit hast du die ganze Problematik wirklich treffend zusammengefasst:

      Weder der Ottonormalverbraucher hat diese (weil ihm der Geek-Blick fehlt und das Wissen), noch der Geek hat sie komplett (weil ihm oft das Wissen und das Interesse zum Thema ‘Wie wollen wir zusammen leben’ fehlt.) Beide Gruppen haben noch einen gehörig langen Weg vor sich.

      Es gibt aber auch schon kleine Lichtblicke:

      • Der Account Chooser ist ein Projekt der OpenID Foundation welches die Usability von Login-Mechanismen aller Art vereinfachen soll
      • Die Federated Social Web Bewegung arbeitet an ersten Usecases für die dezentrale Kommunikation: SWAT0
  3. Federated funktioniert bei Email (1:1) noch wunderbar, aber schon läppische Jabber-Status-Updates (1:n) erzeugen viel zu viel Traffic auf den Server2Server-Verbindungen, d.h. immer wieder mal brechen mir verschiedene Kontakte vorübergehend weg, so dass ich deren Updates nicht mehr kriege und sie nicht mehr meine. Außerdem ist bei federated immer noch das Problem, dass die großen Hubs immer noch quasi sämtlichen Traffic mitbekämen (selbst mit Crypto zumindest das Wer-mit-wem) und damit mehr Wissen (= Macht) als nötig besitzen. Beste Lösung wäre P2P bzw. Meshing. Skype geht bzw. ging da schon in dir richtige Richtung, nur ist das halt nicht offen geschweige denn frei. SecuShare sieht aus als wär’s der richtige Ansatz, hat aber leider noch kaum was vorzuweisen.

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